simon + savas

Baupreis­ent­wick­lung – Indi­ka­toren zur Preis­ge­stal­tung in der Immobilienwirtschaft

Jul. 2022 | Aus der Praxis

Aufgrund einer Viel­zahl von Unab­wäg­bar­keiten stellt die Preis­ge­stal­tung für alle Betei­ligte im Immo­bi­li­en­wesen derzeit eine große Heraus­for­de­rungen dar. Eine verläss­liche Preis­vor­aus­sage ist nur sehr begrenzt möglich. Eine Viel­zahl von Ursa­chen wirken sich auf die Kosten, aber auch die Verfüg­bar­keiten in der Bau- und Immo­bi­li­en­wirt­schaft aus.

Zu den Auslö­sern der Unab­wäg­bar­keiten zählen u. a. in direkter Wirkung bzw. in Folgewirkungen :

Ursachen Preissteigerungen

Jedwede unter­neh­me­ri­sche Entschei­dung bedarf einer oderer mehrerer Annahmen. Je weiter eine Betrach­tung in die Zukunft geht, desto unwäg­barer sind diese Annahmen. Dies erscheint umso komplexer, je stärker eine Annahme von verschie­denen Einfluss­fak­toren abhängt. Im Falle der Baupreis­ent­wick­lung trifft dies im Beson­deren zu. Eine Prognose zur Baupreis­ent­wick­lung über den Jahres­ho­ri­zont hinaus, lässt sich bei einschlä­gigen Insti­tu­tionen kaum finden.

Für privat­wirt­schaft­liche Unter­nehmen als auch die öffent­liche Hand gilt es daher für ihre Planungen nach bestem Wissen ermit­telte Annahmen zu treffen und Instru­mente zu etablieren, um die getrof­fenen Entschei­dungen best­mög­lich zu steuern. Dies gilt auch für die Preis­ge­stal­tung im Planen, Bauen und Betreiben von Immobilien.

Eine unter­neh­me­ri­sche Entschei­dung gilt es nach plau­si­blen und trans­pa­renten Maßstäben zu treffen. Falls nicht ander­weitig ableitbar, gilt es für die Preis­ge­stal­tung solide Argu­mente zur Unter­maue­rung des gewählten Ansatzes zu iden­ti­fi­zieren und somit die Eintritts­wahr­schein­lich­keit von Risiken der Baupreis­stei­ge­rung besser greifen zu können.

Zur Unter­le­gung einer unter­neh­me­ri­schen Entschei­dung lassen sich im Hinblick auf die Baupreis­ent­wick­lung in den nächsten Jahren mehrere Indi­ka­toren heranziehen.

Preis­ri­siko

Das Bundes­mi­nis­te­rium für Wohnen, Stadt­ent­wick­lung und Bauwesen und das Bundes­mi­nis­te­rium für Digi­tales und Verkehr hat Praxis­hin­weise zum Umgang mit Liefer­eng­pässen und Preis­stei­ge­rungen wich­tiger Bauma­te­ria­lien als Folge des Ukrai­ne­kriegs heraus­ge­geben. Es wird ausdrück­lich fest­ge­halten, dass aus Sicht des Minis­te­riums ein nicht kalku­lier­bares Preis­ri­siko im Sinne der Verga­be­richt­linie anzu­nehmen ist. Der Erlass dürfte insbe­son­dere öffent­li­chen Auftrag­ge­bern die Sicher­heit geben, die von Auftrag­neh­mern aktuell begehrten Stoff­preis­gleit­klau­seln in die Verga­be­un­ter­lagen aufnehmen bezie­hungs­weise bestehende Verträge entspre­chend anzu­passen. Das Vorgehen unter­streicht somit die anhal­tend ange­spannte Lage.

Nach­hal­tige Bauqualität

Die Anfor­de­rungen an das Bauen im Allge­meinen und dem nach­hal­tigen Planen, Bauen und Betreiben im Spezi­ellen werden nicht nur mit den Fest­le­gungen im Koali­ti­ons­ver­trag noch weiter verschärft. Der EU Green Deal mit seinen beiden bislang noch vorwie­gend auf Finanz­markt­teil­nehmer abzie­lenden Instru­menten EU-Offen­le­gungs­ver­ord­nung sowie EU-Taxo­nomie, wird unwei­ger­lich zu einer Welle an Maßnahmen zur Dekar­bo­ni­sie­rung des Gebäu­de­be­stands führen. Inso­fern werden sowohl der Bedarf an Planungs­leis­tungen als auch Bauleis­tungen wie Baustoffen steigen.

Baustoffe und Lieferketten

In den zurück­lie­genden 12 Monaten führten mitunter fragile Liefer­ketten bei Baustoffen, welche auf dem Welt­markt starker Nach­frage ausge­setzt werden zu Mate­ri­al­knapp­heit. Bauholz, Beton­stahl, Bitumen als auch Poly­styrol erfuhren eine Preis­stei­ge­rung von 50-70% im Jahres­ver­lauf 2021. Die Bauma­te­ri­al­kosten explo­dieren und gleich­zeitig kommt es zu Verzö­ge­rungen in der Fertig­stel­lung ange­sichts Liefer­pro­blemen. Die geopo­li­ti­sche Situa­tion sowie noch andau­ernde Einschrän­kungen in Logistik und vorge­la­gerten Wert­schöp­fungs­ketten von wich­tigen Bauma­te­rialen dürfte diese Entwick­lung weiter untermauern.

Lohn­kos­ten­ent­wick­lung

Das Fach­kräf­te­de­fizit im Bauge­werbe ist allge­gen­wärtig. Die Beschäf­tig­ten­zahlen steigen zwar, aber immer noch zu wenig. Davor warnen Berufs­ver­bände schon seit geraumer Zeit. In den nächsten Jahren werden trotz stei­gender Ausbil­dungs­zahlen und stei­gendem Anteil auslän­di­scher Beschäf­tigter 100.000 Fach­kräfte fehlen (Quelle : https://www.zdb.de/themen/fachkraeftesicherung/fachkraeftesicherung-im-baugewerbe). Zudem steigen die Mindest­löhne ab Oktober 2022 um 20%. In der Konse­quenz dürfte die Lohn­kos­ten­stei­ge­rung in der nächsten Zeit die Baupreis­ent­wick­lung eben­falls weiter befeuern.

Demo­gra­phie

Menschen legen sich im Alter zwischen 25-40 Jahren Wohn­ei­gentum zu. Diese Bevöl­ke­rungs­gruppe hat in den letzten Jahren stark zuge­nommen und wird nach Angaben von Destatis erst in ca. 10 Jahren stark sinken. Die Nach­frage bzw. der Druck aus dieser Entwick­lung auf die Bauwirt­schaft dürfte somit zumin­dest nicht nachlassen.

Gewinn­ent­wick­lung im Baugewerbe

Viele Fach­firmen im Bauge­werbe kalku­lieren mit einer Zuschlags­kal­ku­la­tion. Mit stei­genden Kosten steigt der Gewinn auto­ma­tisch. Die aktuell vorherr­schende Markt­si­tua­tion stellt das Bauge­werbe vor die Heraus­for­de­rung mit hohen Mate­ri­al­kosten und Fach­kräf­te­mangel ein hohes Auftrags­vo­lumen abzu­ar­beiten. Sowohl Mate­ri­al­knapp­heit und Zeit­verzug haben die Gewinne im zurück­lie­genden Jahr gedrückt bei gleich­zeitig hohem Risiko. Inso­fern dürfte eine Gewinn­stei­ge­rung aus Sicht der Betriebe mittels Ange­boten, welchen über­durch­schnitt­liche Preise zugrunde liegen nahe­lie­gend sein.

Ener­gie­kosten

Die starken Stei­ge­rungen von Ener­gie­preisen macht auch der Bauwirt­schaft in Deutsch­land in den nächsten Jahren zu schaffen. Sowohl die vorge­la­gerten Wert­schöp­fungs­ketten für Baupro­dukte als auch in der Bauab­wick­lung selbst ist ener­gie­in­tensiv. Gerade die für die Gewin­nung von Rohstoffen für Bauma­te­rialen als auch deren Produk­tion an sich benö­tigen Unter­nehmen oftmals Energie aus Erdgas. Dabei sind sie auf eine stabile, sichere Ener­gie­ver­sor­gung ange­wiesen. Diese ist aus geopo­li­ti­schen Gründen aktuell nicht mehr sicher­ge­stellt. Viele Hersteller könnten somit damit über­gehen, ihre aktu­ellen Mehr­kosten für Erdgas, Öl und Kohle über die Preise an Abnehmer, wie etwa die Bauin­dus­trie, weiterzugeben.

Verschie­dene Indi­ka­toren spre­chen für eine Baupreis­ent­wick­lung, die sich in den nächsten Jahren weiterhin auf einem hohen Niveau bewegt. Wie gilt es in Vertrags­be­zie­hungen damit umgehen ?

Eine Verein­ba­rung von Preis­gleit­klau­seln stößt hier schnell an Grenzen. Mate­rial- und Lohn­kos­ten­an­pas­sungen müssen in künf­tigen Verträgen in anderer, für beide Seiten verträg­li­cher Weise abge­bildet werden.

Je mehr Unab­wäg­bar­keiten einge­preist werden, umso höher fällt der Preis aus. An dieser Stelle ist eine vertrau­ens­volle Zusam­men­ar­beit von Auftrag­geber und Auftrag­nehmer erforderlich.

Auf Basis diffe­ren­zierter Preis­an­gaben lassen sich Kosten­ver­än­de­rungen nach­träg­lich berück­sich­tigen. Grund­sätz­lich gilt : Mengen- und Massen­ge­rüst sind mit indi­vi­du­ellen Kosten- und Zeit­an­sätzen zu bewerten und gelten als fest verein­bart - von einer Anpas­sung auf Basis einer Preis­gleit­klausel abgesehen.

Die maßgeb­li­chen Varia­blen sind in folgenden Kosten­be­stand­teilen zu ermit­teln und eine Nach­füh­rung über Indizes ist anzu­streben. Einige ziel­füh­rende Ansätze :

Angaben zum Verrech­nungs­lohn

  • Mitt­lerer Lohn
  • Lohn­zu­satz­kosten
  • Lohn­ne­ben­kosten (Auslö­sungen, Fahrgelder, …)
  • Kalku­la­ti­ons­lohn
  • Zuschlag auf Kalkulationslohn
  • Verrech­nungs­lohn

Unmit­tel­bare Herstell­kosten

  • Gemein­kosten
  • Allge­meine Geschäftskosten
  • Wagnis u. Gewinn
  • Summe Gesamt­zu­schläge

Ermitt­lung Ange­bots­summe

  • Eigene Lohn­kosten (Verrech­nungs­lohn x Gesamtstunden)
  • Stoff­kosten (einschl. Kosten für Hilfsstoffe)
  • Gerä­te­kosten (einschl. Kosten für Energie und Betriebsstoffe)
  • Sons­tige Kosten (Indi­vi­duell zu erläutern)
  • Nach­un­ter­neh­mer­leis­tungen

Mit zuneh­menden Diffe­ren­zie­rungs­grad wird zwar eine fort­schrei­tende Annä­he­rung an den tatsäch­li­chen Markt­preis erreicht. Während Komple­xität und Pfle­ge­auf­wand steigen, geht aller­dings die Trans­pa­renz verloren.

Hier gilt es ein Optimum bei der Auswahl geeig­neter Indizes zu erreichen.

Anspruch an die Index-/Refe­renz­werte :

  • Preis­basis sowie Refe­renz­werte müssen aus einer allge­mein aner­kannten Quelle stammen
  • die Fort­schrei­bung muss regel­mäßig und zeitnah erfolgen
  • kurz­fristig verän­derte Bedin­gungen sind zu berücksichtigen
  • die Fort­schrei­bung muss für alle betei­ligten Parteien nach­voll­ziehbar sein
  • die Quelle sollte die Markt­si­tua­tion für ein entspre­chendes Element abbilden
  • Hinweis : zu berück­sich­tigen sind unter­schied­liche Entwick­lung der einzelnen Gewerke

Unser Anspruch : Diese und weitere Ansätze gilt es im Inter­esse unserer Mandanten zu verfolgen und erfolg­reich zu implementieren !