Aufgrund einer Vielzahl von Unabwägbarkeiten stellt die Preisgestaltung für alle Beteiligte im Immobilienwesen derzeit eine große Herausforderungen dar. Eine verlässliche Preisvoraussage ist nur sehr begrenzt möglich. Eine Vielzahl von Ursachen wirken sich auf die Kosten, aber auch die Verfügbarkeiten in der Bau- und Immobilienwirtschaft aus.
Zu den Auslösern der Unabwägbarkeiten zählen u. a. in direkter Wirkung bzw. in Folgewirkungen :
Jedwede unternehmerische Entscheidung bedarf einer oderer mehrerer Annahmen. Je weiter eine Betrachtung in die Zukunft geht, desto unwägbarer sind diese Annahmen. Dies erscheint umso komplexer, je stärker eine Annahme von verschiedenen Einflussfaktoren abhängt. Im Falle der Baupreisentwicklung trifft dies im Besonderen zu. Eine Prognose zur Baupreisentwicklung über den Jahreshorizont hinaus, lässt sich bei einschlägigen Institutionen kaum finden.
Für privatwirtschaftliche Unternehmen als auch die öffentliche Hand gilt es daher für ihre Planungen nach bestem Wissen ermittelte Annahmen zu treffen und Instrumente zu etablieren, um die getroffenen Entscheidungen bestmöglich zu steuern. Dies gilt auch für die Preisgestaltung im Planen, Bauen und Betreiben von Immobilien.
Eine unternehmerische Entscheidung gilt es nach plausiblen und transparenten Maßstäben zu treffen. Falls nicht anderweitig ableitbar, gilt es für die Preisgestaltung solide Argumente zur Untermauerung des gewählten Ansatzes zu identifizieren und somit die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken der Baupreissteigerung besser greifen zu können.
Zur Unterlegung einer unternehmerischen Entscheidung lassen sich im Hinblick auf die Baupreisentwicklung in den nächsten Jahren mehrere Indikatoren heranziehen.
Preisrisiko
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat Praxishinweise zum Umgang mit Lieferengpässen und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukrainekriegs herausgegeben. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass aus Sicht des Ministeriums ein nicht kalkulierbares Preisrisiko im Sinne der Vergaberichtlinie anzunehmen ist. Der Erlass dürfte insbesondere öffentlichen Auftraggebern die Sicherheit geben, die von Auftragnehmern aktuell begehrten Stoffpreisgleitklauseln in die Vergabeunterlagen aufnehmen beziehungsweise bestehende Verträge entsprechend anzupassen. Das Vorgehen unterstreicht somit die anhaltend angespannte Lage.
Nachhaltige Bauqualität
Die Anforderungen an das Bauen im Allgemeinen und dem nachhaltigen Planen, Bauen und Betreiben im Speziellen werden nicht nur mit den Festlegungen im Koalitionsvertrag noch weiter verschärft. Der EU Green Deal mit seinen beiden bislang noch vorwiegend auf Finanzmarktteilnehmer abzielenden Instrumenten EU-Offenlegungsverordnung sowie EU-Taxonomie, wird unweigerlich zu einer Welle an Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Gebäudebestands führen. Insofern werden sowohl der Bedarf an Planungsleistungen als auch Bauleistungen wie Baustoffen steigen.
Baustoffe und Lieferketten
In den zurückliegenden 12 Monaten führten mitunter fragile Lieferketten bei Baustoffen, welche auf dem Weltmarkt starker Nachfrage ausgesetzt werden zu Materialknappheit. Bauholz, Betonstahl, Bitumen als auch Polystyrol erfuhren eine Preissteigerung von 50-70% im Jahresverlauf 2021. Die Baumaterialkosten explodieren und gleichzeitig kommt es zu Verzögerungen in der Fertigstellung angesichts Lieferproblemen. Die geopolitische Situation sowie noch andauernde Einschränkungen in Logistik und vorgelagerten Wertschöpfungsketten von wichtigen Baumaterialen dürfte diese Entwicklung weiter untermauern.
Lohnkostenentwicklung
Das Fachkräftedefizit im Baugewerbe ist allgegenwärtig. Die Beschäftigtenzahlen steigen zwar, aber immer noch zu wenig. Davor warnen Berufsverbände schon seit geraumer Zeit. In den nächsten Jahren werden trotz steigender Ausbildungszahlen und steigendem Anteil ausländischer Beschäftigter 100.000 Fachkräfte fehlen (Quelle : https://www.zdb.de/themen/fachkraeftesicherung/fachkraeftesicherung-im-baugewerbe). Zudem steigen die Mindestlöhne ab Oktober 2022 um 20%. In der Konsequenz dürfte die Lohnkostensteigerung in der nächsten Zeit die Baupreisentwicklung ebenfalls weiter befeuern.
Demographie
Menschen legen sich im Alter zwischen 25-40 Jahren Wohneigentum zu. Diese Bevölkerungsgruppe hat in den letzten Jahren stark zugenommen und wird nach Angaben von Destatis erst in ca. 10 Jahren stark sinken. Die Nachfrage bzw. der Druck aus dieser Entwicklung auf die Bauwirtschaft dürfte somit zumindest nicht nachlassen.
Gewinnentwicklung im Baugewerbe
Viele Fachfirmen im Baugewerbe kalkulieren mit einer Zuschlagskalkulation. Mit steigenden Kosten steigt der Gewinn automatisch. Die aktuell vorherrschende Marktsituation stellt das Baugewerbe vor die Herausforderung mit hohen Materialkosten und Fachkräftemangel ein hohes Auftragsvolumen abzuarbeiten. Sowohl Materialknappheit und Zeitverzug haben die Gewinne im zurückliegenden Jahr gedrückt bei gleichzeitig hohem Risiko. Insofern dürfte eine Gewinnsteigerung aus Sicht der Betriebe mittels Angeboten, welchen überdurchschnittliche Preise zugrunde liegen naheliegend sein.
Energiekosten
Die starken Steigerungen von Energiepreisen macht auch der Bauwirtschaft in Deutschland in den nächsten Jahren zu schaffen. Sowohl die vorgelagerten Wertschöpfungsketten für Bauprodukte als auch in der Bauabwicklung selbst ist energieintensiv. Gerade die für die Gewinnung von Rohstoffen für Baumaterialen als auch deren Produktion an sich benötigen Unternehmen oftmals Energie aus Erdgas. Dabei sind sie auf eine stabile, sichere Energieversorgung angewiesen. Diese ist aus geopolitischen Gründen aktuell nicht mehr sichergestellt. Viele Hersteller könnten somit damit übergehen, ihre aktuellen Mehrkosten für Erdgas, Öl und Kohle über die Preise an Abnehmer, wie etwa die Bauindustrie, weiterzugeben.
Verschiedene Indikatoren sprechen für eine Baupreisentwicklung, die sich in den nächsten Jahren weiterhin auf einem hohen Niveau bewegt. Wie gilt es in Vertragsbeziehungen damit umgehen ?
Eine Vereinbarung von Preisgleitklauseln stößt hier schnell an Grenzen. Material- und Lohnkostenanpassungen müssen in künftigen Verträgen in anderer, für beide Seiten verträglicher Weise abgebildet werden.
Je mehr Unabwägbarkeiten eingepreist werden, umso höher fällt der Preis aus. An dieser Stelle ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Auftraggeber und Auftragnehmer erforderlich.
Auf Basis differenzierter Preisangaben lassen sich Kostenveränderungen nachträglich berücksichtigen. Grundsätzlich gilt : Mengen- und Massengerüst sind mit individuellen Kosten- und Zeitansätzen zu bewerten und gelten als fest vereinbart - von einer Anpassung auf Basis einer Preisgleitklausel abgesehen.
Die maßgeblichen Variablen sind in folgenden Kostenbestandteilen zu ermitteln und eine Nachführung über Indizes ist anzustreben. Einige zielführende Ansätze :
Angaben zum Verrechnungslohn
- Mittlerer Lohn
- Lohnzusatzkosten
- Lohnnebenkosten (Auslösungen, Fahrgelder, …)
- Kalkulationslohn
- Zuschlag auf Kalkulationslohn
- Verrechnungslohn
Unmittelbare Herstellkosten
- Gemeinkosten
- Allgemeine Geschäftskosten
- Wagnis u. Gewinn
- Summe Gesamtzuschläge
Ermittlung Angebotssumme
- Eigene Lohnkosten (Verrechnungslohn x Gesamtstunden)
- Stoffkosten (einschl. Kosten für Hilfsstoffe)
- Gerätekosten (einschl. Kosten für Energie und Betriebsstoffe)
- Sonstige Kosten (Individuell zu erläutern)
- Nachunternehmerleistungen
Mit zunehmenden Differenzierungsgrad wird zwar eine fortschreitende Annäherung an den tatsächlichen Marktpreis erreicht. Während Komplexität und Pflegeaufwand steigen, geht allerdings die Transparenz verloren.
Hier gilt es ein Optimum bei der Auswahl geeigneter Indizes zu erreichen.
Anspruch an die Index-/Referenzwerte :
- Preisbasis sowie Referenzwerte müssen aus einer allgemein anerkannten Quelle stammen
- die Fortschreibung muss regelmäßig und zeitnah erfolgen
- kurzfristig veränderte Bedingungen sind zu berücksichtigen
- die Fortschreibung muss für alle beteiligten Parteien nachvollziehbar sein
- die Quelle sollte die Marktsituation für ein entsprechendes Element abbilden
- Hinweis : zu berücksichtigen sind unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Gewerke
Unser Anspruch : Diese und weitere Ansätze gilt es im Interesse unserer Mandanten zu verfolgen und erfolgreich zu implementieren !